Roya Thriller von Florian Kugel

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Video Mutterschmerz

Im Schatten des Kalten Krieges verschwimmen Leben und Tod.

Berlin, 2003: Eine Serie rätselhafter Selbstmorde führt das Ermittlerduo Roya Rauch und Dante Wagner in die Schatten geheimer Experimente im West-Berlin der 1980er-Jahre.

Was damals entfesselt wurde, fordert Jahrzehnte später seinen Preis.Je näher sie der Wahrheit kommen, desto enger zieht sich das Netz aus Schuld, Manipulation und Paranoia. Gibt es einen Zusammenhang zwischen all dem und Royas Migräneattacken? Und was haben John Lennon, Italo Calvino und Joseph Beuys damit zu tun? Ein düsterer, vielschichtiger Thriller über Vergangenheit, Schuld und die Grenzen der Wirklichkeit.

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30. Januar 2003

Ihre Schwester war mit ihrem Wagen von der Straße abgekommen und frontal in einen Baum gekracht. Nichts würde das rückgängig machen. Und vielleicht hatte sie es sogar verdient. Natürlich erwähnte Roya das ihren Eltern gegenüber nicht, als sie sich vor Stunden von Aidas Beerdigung verabschiedet und die beiden einen riesigen, tränenerstickten Zirkus veranstaltet hatten. Und auch zu Dante sagte sie kein Wort davon, als er bei ihrem Erscheinen im Büro sein erwartbares, sentimentales Theater spielte: »Das kann nicht dein Ernst sein! Bist du dir sicher? Es ist doch viel zu früh, wieder in den Dienst einzusteigen – deine Schwester ist heute beerdigt worden!« So war er. Und das konnte sie ebenso wenig ändern, wie ihre Trauer Aida wieder lebendig machte. Jedenfalls hatte Roya sich nicht nehmen lassen, Dante zu der Vernehmung zu begleiten.

Normalerweise verfrachtet eine Gesellschaft ihre Kollateralschäden an die Peripherie, dorthin, wo sie möglichst niemand sieht und sie niemanden stören. Das St. Hedwig glich daher einem galaktischen Narrenschiff, das mitten im aufblühenden Stadtkern der neuen alten Hauptstadt notgelandet war. Die Psychiatrie lag nur einen Steinwurf vom Hackeschen Markt und dem Alexanderplatz entfernt. Trotz ihres Renommees und ihres hohen Alters war sie ein Fremdkörper.

Nachdem die Ermittler den mitraförmigen Eingang in der ganz mit Efeu bewachsenen Fassade aus roten Backsteinen passiert hatten, wurden sie, angeführt von einem Psychiater und umschwärmt von einer Trabantenschar von Pflegerinnen und Pflegern, zu dem Zimmer geführt, in dem Dr. Rosenheim untergebracht war.

Dr. Oliver Rosenheim war Neurologe und vor langer Zeit mal eine Koryphäe auf dem Gebiet der Neurobiologie gewesen. Er hatte bloß noch spärliches, nikotingraues Haar, das sich um eine breite Tonsur gruppierte, die sich von der Stirn bis zum Hinterkopf zog. Obwohl er recht dünn war, hatte er ein teigiges Gesicht mit runden Backen und eine knollige Nase. Er wirkte hilflos, wie er da saß in seinem Krankenhauskittel, die grauen Augen bar jeder Hoffnung. Im Zimmer roch es nach Desinfektionsmittel, Thymian und Rosen.

Nach dem Suizid seiner Frau befragt, sagte Dr. Rosenheim: »Wir haben einen Fehler gemacht. Ich habe sie allein gelassen. Glauben Sie mir, ich wollte ja zurückkommen und ihr helfen. Wenn ich einen Weg gefunden hätte, dass es aufhört! Aber es hört nicht auf!« Er fasste sich langsam, starrte gedankenversunken in eine Ecke des Raumes und wisperte mit tonloser Stimme: »Es hört einfach nicht auf.« »Können Sie sich vorstellen, warum Ihre Frau sich das Leben genommen hat?«, fragte Dante.

»Sie hat sich …« Er unterbrach sich selbst, schüttelte den Kopf. »Sie wollte sich nicht umbringen.« Roya verschränkte die Arme. »Und wie erklären Sie sich die Überdosis?« »Sie hatte Angst. Schreckliche Angst. Ich hätte bei ihr bleiben sollen …!« Dante warf Roya einen flüchtigen Blick zu. »Und warum sind Sie nicht geblieben?« Schluchzend vergrub der Mann das Gesicht tiefer in den Händen.

»Dr. Rosenheim?« »Ich konnte nicht. Ich musste weg.« »Warum?« »Ich hatte auch Angst.« »Angst wovor?«, fragte Roya und dann abermals: »Wovor hatten Sie Angst?« Keine Antwort.

»Was können Sie uns über Richard Garner sagen?« Dr. Rosenheim hörte auf zu wippen und starrte die Ermittler an, offensichtlich überrascht, diesen Namen zu hören. Aber nur für einen Moment, dann begann er wieder zu wippen. »Das verstehen Sie nicht.« Dante räusperte sich: »Richard Garner ist seit fast zwei Wochen tot, wir höchstpersönlich haben seine Leiche geborgen – er kann mit dem Tod Ihrer Frau nichts zu tun haben.« Rosenheim kicherte kränklich. »Da sehen Sie es. Sie verstehen es nicht. Sie können das nicht verstehen!« »Dann erklären Sie es uns, bitte.« Dr. Rosenheim blickte die Ermittler starr an. »Sie wissen gar nichts. Und Sie sollten dankbar dafür sein.« »Dr. Rosenheim, wir müssen Ihnen diese Frage stellen.« Roya konnte die Schärfe in ihrer Stimme nicht verbergen. »Haben Sie etwas mit dem Tod Ihrer Frau zu tun?« Die Worte trafen Dr. Rosenheim wie Ohrfeigen. »Ich!? Nein! Ich meine … ich … ich habe sie geliebt! Er war es!« »Garner?« »Richard Garner ist tot«, sagte Dante kalt.

»Wohin wollten Sie, als Sie das Haus verließen?« »Ich … ich weiß es nicht mehr genau …« »Was ist mit Ihrer Frau passiert?« »Meine Frau ist tot!« »Wo wollten Sie hin?« »Ich wollte Hilfe holen!« »Hilfe? Was für Hilfe? Die Polizei? Einen Krankenwagen? Sie hätten anrufen können.« »Ich …« Dante bohrte weiter: »Waren Sie dabei, als Ihre Frau die Pillen genommen hat?« »Woher kennen Sie Richard Garner?«, fragte Roya.

Rosenheim schlug sich mit beiden Fäusten gegen den Kopf und schrie.

»Ich fürchte, wir müssen das hier abbrechen«, sagte der Psychiater und bedeutete den Ermittlern, ihm nach draußen zu folgen. »Das geht so nicht«, sagte er vor der Tür. »Dr. Rosenheim zeigt alle Anzeichen einer posttraumatischen Belastungsstörung. Kein Wunder nach dem Tod seiner Frau. Er gibt sich irgendwie die Schuld daran, aber sein Gedächtnis ist gestört. Er weiß zum Beispiel nicht, wo er hinwollte, als er das Haus verließ.« Dante runzelte die Stirn. »Oder er will, dass wir das glauben. Was denken Sie, Doktor: Hat er etwas mit dem Tod seiner Frau zu tun?« Der Arzt zuckte die Achseln. »Offen gestanden, nein. Er ist schwer traumatisiert und hat wirklich Angst. Ausgeschlossen ist es natürlich nicht.« »Haben Sie eine Ahnung, warum er sich selbst hier eingewiesen hat?«, fragte Roya.

»Er hat sich nicht wirklich selbst eingewiesen. Die Polizei griff ihn hier ganz in der Nähe aufgrund ungewöhnlichen Verhaltens auf. Weil er vollkommen desorientiert und von der Rolle war, dachten die Polizisten, es handle sich um einen unserer Patienten, und brachten ihn her. Und seit er hier ist, bittet er um Medikamente. Zuerst verlangte er ein Präparat, das mir unbekannt ist. Als er merkte, dass es aussichtslos war, wollte er starke Opiate. Stellen Sie sich vor, er wollte sogar, dass wir ihn in Narkose oder ein künstliches Koma versetzen.« »Was?!« »Er hat mehrfach darum gebeten. Als er einsah, dass wir das nicht machen würden, gab er an, heftige Schmerzen zu haben. Aus schierer Hilflosigkeit verabreichte ich ihm zunächst ein Placebo, das er aber sofort als solches erkannte. Er gab solange keine Ruhe, bis ich ihn endlich sedierte. Zu meiner Verteidigung: Er schien wirklich Schmerzen zu haben. Jedenfalls beruhigte es ihn. Wenige Minuten nach der Gabe rief er: ›Das ist es! Das hilft! Er ist weg!‹ »Was meinte er?« Der Psychiater hob abwehrend die Hände. »Ich habe nicht die geringste Ahnung. Er sprach von diesem Richard Garner, wer immer das sein mag.« »Ein Toter«, antwortete Dante.

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